Immer hochstimmen!
Immer die Saiten hochstimmen, also anspannen, um den richtigen Ton zu erreichen! Es ist ein beliebter Fehler, eine zu hoch gestimmte Saite direkt auf den gewünschten Ton herunterzustimmen und dann sofort weiterzuspielen. Tut man dies, so wird sich die Saite innerhalb kürzester Spielzeit an der Mechanik weiter entspannen, wenn auch nur minimal, und aus der Stimmung geraten.
Dieses Phänomen hat in der Tat mechanische Ursachen. Stimmmechaniken sind Schneckengetriebe. Zwischen der Schneckenspindel, an der wir drehen, um die Saite zu stimmen, und dem Schneckenrad, auf dessen Achse die Saite gewickelt ist, besteht eine Maß-Toleranz (auch Spiel genannt). Wenn man also nach oben stimmt, bleibt das System unter Spannung, und das Spiel bleibt auf der spannungsfreien Seite. Stimmt man aber nach unten, zieht die Saite durch ihre Spannung das Schneckenrad soweit nach, bis es sich wieder am Anschlag des Schneckengewindes befindet. Das sind zwar nur wenige hundertstel Millimeter, die sich in der Stimmung aber dennoch bemerkbar machen.
Die Lösung lautet konkret: ist vor dem Stimmen eine Saite zu hoch, so sollte man diese zuerst etwas zu tief stimmen und dann langsam auf den korrekten Ton hochstimmen.
Stimme genau, wie du spielst!
Das ist ein enorm wichtiger Tipp, den sogar viele erfahrene Gitarristen nicht konsequent umsetzen: stimmt die Gitarre genau so, wie ihr sie spielt!
Was bedeutet das genau? Nun sollte jeder erstmal feststellen, dass der „Pitch” (die Tonhöhe) einer angeschlagenen Saite tatsächlich u.a. von der Anschlagsstärke abhängig ist. Das trifft sowohl auf offene als auch auf in allen Bünden gegriffene Saiten zu, und zwar gilt: je härter man spielt, umso höher wird der Pitch. Dieser leichte Pegel in der Tonhöhe dauert unter einer Sekunde, danach stabilisiert sich der Ton. Jedoch wird der Anschlagspegel sehr deutlich vom Gehör wahrgenommen und sollte beim Stimmen definitiv einberechnet werden. Dieser Effekt ist vor allem bei Metallsaiten vorhanden und ist durch das Schwingungsverhalten des Materials bedingt. Kurz gesagt: Gitarrensaiten – genau wie Gitarren selbst – sind nie perfekt und bieten nur einen Kompromiss, mit dem man als Musiker arbeiten muss.
Der typische Fehler in dieser Hinsicht sieht meistens so aus: man stimmt leise und spielt danach laut. Die Tonhöhe aller offenen Saiten ist in diesem Fall auf den eher leisen Anschlag abgestimmt und so wundert man sich oft erst auf der Bühne, warum alles, was man spielt, sich verstimmt bzw. zu hoch anhört. Was tun? Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: schlagt die Saiten beim Stimmen genau so, wie ihr das beim Spielen tendenziell auch tut. Spielt ihr eher leise, dann stimmt leise. Spielt ihr meist laut und mit kräftigem Anschlag, dann unbedingt von vorneherein die Gitarre auch so stimmen!
Saiten dehnen!
Diese Regel ist für Anfänger oder beim Üben zu Hause nicht so wichtig. Dafür ist sie essenziell für Gitarristen, die live spielen möchten oder das schon tun: nach dem ersten Stimmen der Gitarre sollte man die Saiten etwas „stretchen” (ohne zu übertreiben!). Danach wird natürlich nachgestimmt.
Um eine Gitarre möglichst stimmstabil z.B. für einen Gig vorzubereiten, muss man die Spannung im Saitenmaterial und in den Wicklungen an den Mechaniken minimieren. Dafür zieht man jede Saite leicht mit den Fingern nach oben (also senkrecht über dem Griffbrett) und stimmt sie dann direkt nach. Besonders bei frischen Saiten sollte man dieses Verfahren definitiv mehrmals wiederholen, sonst steht man mitten im Auftritt plötzlich mit einer völlig verstimmten Gitarre da.
Natürlich sollte man die Saiten auch nicht übertrieben fest dehnen, sonst werden sie sich jedes Mal von der Mechanik aus verstimmen, und so ist man praktisch nie fertig. I.d.R. reicht es bei allen Saiten jeweils ein bis zwei mal leicht zu stretchen und nachzustimmen (bei neuen Saiten drei bis vier mal).
Technische Empfehlung
Jede Gitarre ist anders, manche sind durch ihre Konstruktion recht stimmstabil, andere halten einfach nicht gerne die Stimmung, und das kann leider unzählige mögliche Gründe haben (z.B. Sattelkerben, Steg, Mechaniken, Setup etc.). Außerdem ist allein die Art, wie man die Saiten aufzieht, für die Stimmstabilität entscheidend. Die hier beschriebenen Regeln sind zwar allgemein gültig, jedoch können sie nicht jedem Instrument zu einer vernünftigen Stimmstabilität verhelfen. Solltet ihr weiterhin Verstimmungsprobleme haben, so ist ein Besuch beim Gitarrenbauer oder Gitarrentechniker ratsam.